Diskriminierung in Frankreich: Haarige Angelegenheiten

Eine Gesetzesinitiative verbietet die Diskriminierung von Menschen wegen ihrer Frisuren oder Haarschnitte. Beispiele gibt es – häufig am Arbeitsplatz.

Schwarze französische Frau mit rot gefärbten Rastalocken

Perfekt gestylt zur Arbeit mit rotem Rasta Foto: Jürgen Hasenkopf/imago

PARIS taz | In einigen Kommentaren wird wohl spöttisch von „Haarspalterei“ oder einer „an den Haaren herbei gezogenen“ Debatte die Rede sein. Doch Diskriminierungen wegen einer Frisur und Haarfarbe sowie eines bestimmten Haarschnitts sind ein ernsthaftes Thema, das in Frankreich sogar das Parlament beschäftigt. In erster Lesung hat die französische Nationalversammlung am Donnerstag ein Gesetz verabschiedet, das die Diskriminierung von Menschen wegen ihrer Frisur unter Strafe stellt.

Initiator der Debatte und des Antrags war der Abgeordnete Olivier Serva aus dem Antillen-Departement Guadeloupe. Er erwähnt „haarige“ Benachteiligungen am Arbeitsplatz – wegen krauser Haare, Dreadlocks oder „Afro-Look“, von denen vor allem Schwarze betroffen sind. Auch Rothaarige oder Menschen mit Glatzen würden manchmal schief angesehen.

Namentlich Frauen mit Locken werde immer wieder angeraten, ihre Haare zu glätten, um so im Kundenkontakt einem anscheinend beruflich wünschenswerten Bild zu entsprechen. Das jedoch sei auch aus gesundheitlichen Gründen sehr gefährlich. Denn Frauen, die diese chemischen Produkte zur Haarglättung verwendeten, hätten neben anderen möglichen Nebenwirkungen ein dreifach erhöhtes Gebärmutterkrebsrisiko.

Zum Ausmaß dieser Diskriminierung gibt es in Frankreich bislang noch keine Statistik. Die Ombudsfrau für Bürgerrechte, Claire Hédon, schätzt den Anteil der Klagen aufgrund von Konflikten wegen Haaren auf etwa 2 Prozent aller Eingaben, die sie erhält. Doch konkrete Beispiele existieren.

Erfahrungen an der Rezeption

Gegenüber der öffentlichen Fernseh- und Rundfunkanstalt FranceInfo steuert Kenza Bel Kendil ihre eigene Erfahrung als Beleg dafür bei: „Ich habe krause Haare, die ich manchmal oben zusammenbinde und darunter offen trage. Ich arbeitete am Empfang eines Hotels in Nîmes, als mir der Direktor erklärte: 'Entweder du gehst nach Hause und änderst deine Frisur, oder du kommst nicht mehr zur Arbeit.“

In einem anderen Fall wurden die Eltern eines erst vierjährigen Schulkinds von der Schulleitung informiert, der „Afro-Look“ ihres Knaben wirke „schmutzig und vernachlässigt“. Der Abgeordnete Serva weiß aber auch von einer Umfrage in Großbritannien, in der eine von drei blonden Frauen sagte, sie müsse ihre Haare färben oder tönen, wenn sie beruflich weiterkommen wolle.

Arbeitgeber, die ihre Beschäftigten wegen der Farbe oder Länge der Haare, respektive der Art, diese zu tragen, belästigen, sollen nun – wie bereits im Falle von Diskriminierungen wegen Herkunft, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder Alter ausdrücklich Strafen zu gewärtigen haben.

Die Ministerin für Geschlechtergleichheit, Aurore Bergé, wies in der Debatte darauf hin, dass die existierende Gesetzgebung bereits breit genug formuliert sei, um auch Benachteiligungen oder Beleidigungen wegen Frisuren zu erfassen. Sie erachte es jedoch als positiv, dass mit der Debatte über die Vorlage, die mit 42 zu 2 Stimmen angenommen und zur Debatte an den Senat weitergeleitet wurde, diese spezielle Form von Diskriminierung in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt werde.

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