Mockumentary über Dating-Show: Diskurs statt Discounter

In der Serie „Player of Ibiza“ geht es um eine fiktive Reality-TV-Show, in der Männer mit der größten Challenge konfrontiert werden: dem Feminismus.

3 MÄnner im blauen Plantschbecken mit Wasserpfeife

Abdel, Marvin und Anthony kühlen sich ab Foto: NDR

Eine Gruppe Kerle, die unter heißer Mittelmeersonne und vor laufenden Kameras ihre Männlichkeit zur Schau stellen und um die Gunst einer Frau buhlen? Das Konzept der Show „Player of Ibiza“ klingt kaum anders als das, was in Sachen Reality-TV seit Langem bei den Sendern und Streamingdiensten für Quoten sorgt, von „Too Hot to Handle“ und „Love Island“ bis „Bachelorette – Die Traumfrau“ oder (in der queeren Version) „Prince Charming“. In Sachen Glaubwürdigkeit weiß also die gleichnamige Comedyserie, die eben diese fiktive Show ins Zentrum rückt, mit ihrer Prämisse direkt zu punkten.

Hinter „Player of Ibiza“, deren fünf Episoden ab dem 10. Mai in der ARD Mediathek zu sehen sind, stecken Emil und Oskar Belton sowie Bruno Alexander, die auch schon für die preisgekrönte Serie „Die Discounter“ verantwortlich zeichnen. Für ihre neue Produktion haben die drei Mittzwanziger nicht nur einen ganz besonderen Mikrokosmos als Setting gewählt, sondern sich für das Format einer Mockumentary entschieden.

So zu tun, als würde man dokumentarische Aufnahmen zeigen, und die Figuren in Interviewsituationen direkt in die Kamera sprechen zu lassen, ist zwar ein im Comedy-Bereich inzwischen arg überstrapazierter Ansatz. Doch zumindest in diesem Fall, wo es thematisch ohnehin um ein Format geht, in dem andauernd die Kameras laufen und Kandidaten in Confessionals ihr Herz ausschütten müssen, ist das Genre angebracht.

Wir wohnen nun also der Produktion einer neuen Staffel von „Player of Ibiza“ bei, in der alles ein wenig anders läuft als üblich. Nachdem man jahrelang gut fuhr mit reißerischem Trash, der von Sex, Saufexzessen und ungebremstem Machismo lebte, hat nun selbst der Senderverantwortliche (Martin Brambach) mitbekommen, dass der Zeitgeist dezent in eine andere Richtung weht. Feminismus statt Mackertum!

Fuckboys und Incels

„Player of Ibiza“,

fünf Folgen, ab 10. Mai,

in der ARD-Mediathek

Auf die leicht bekleidete Schönheit, die es zu erobern gilt, wird also verzichtet, stattdessen müssen die Kandidaten in Challenges lernen, Geschlechterklischees zu hinterfragen. Regisseurin Amelie (Larissa Sirah Herden) ist nicht überzeugt von dem neuen Konzept, und dass aus Kostengründen nicht auf Ibiza, sondern im niedersächsischen Buchholz gedreht wird, macht die Sache nicht besser.

Die teilnehmenden Männer werden erst einmal im Dunkeln gelassen, haben sie doch mit Feminismus so gar nichts am Hut: Anthony (Emil Belton) ist Schnösel-Fuckboy aus reichem Hause, Marvin (Charles Booz Jakob) Möchtegern-Rapper mit sexistischen Texten, Abdel (Arman Kashani) muslimischer Unternehmer, dem der Glaube als emotionaler Panzer dient, Tim (Bruno Alexander) ist Gym-besessen und zu Hause bei der Freundin heimlich ein Softie und Jeppe (Sammy Scheuritzel) sogar ein waschechter Incel.

Doch je mehr sie sich ihren Aufgaben stellen müssen und mit Menschen wie der feministischen Autorin Anna König (Mareice Kaiser spielt eine Version ihrer selbst) konfrontiert werden, desto mehr ahnen sie, dass hier eine andere Show gedreht wird als die, für die sie sich beworben haben.

Klischees gebrochen und bedient

Sich mittels Parodie und Satire an zerbrechlichen Männer-Egos genauso abzuarbeiten wie an Wokeness-Debatten erweist sich für „Player of Ibiza“ als ergiebiger Ansatz. Zwar liegen subtile Spitzen und plumpe Breitseiten mitunter sehr nah beieinander und werden manche Klischees nicht nur gebrochen, sondern auch bedient (dass zum Beispiel Queerness ausgerechnet via Kandidat Abdel verhandelt wird).

Doch nicht zuletzt weil die Beltons und Alexander samt den Mitautorinnen Ellen Holthaus und Miriam Suad Bühler viel Raum für Improvisation lassen, leben die Dialoge und Ensembleleistungen von einer Frische und Authentizität, die oft herrlich komisch sind.

Das Problem ist nur, dass die Art des Reality-TVs, um die es hier geht, längst so durchschaubar produziert und so ironisch konsumiert wird, dass es eher müßig ist, sich darüber lustig zu machen. Das versucht „Player of Ibiza“ durch Übertreibungen zu kompensieren, die dem Spaß ebenso im Weg stehen wie die didaktischen Momente, in denen etwa die feministische Pornoproduzentin Paulita Pappel ernsthafte Anliegen kommunizieren soll.

Dass es entlarvender sein kann, Fernsehformate dieser Art ernst zu nehmen und sich in der fiktionalen Auseinandersetzung mehr auf die Menschen hinter der Kamera zu konzentrieren, bewies schon vor neun Jahren die erste Staffel der US-Serie „Unreal“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.